Onkopedia Fallstudie

Eine Fallstudie zum Einsatz von Plone und XML-Director als Content Managment System für das Leitlinienportal Onkopedia der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie DGHO e.V.

Der Kunde

Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie DGHO e.V. ist eine medizinische Fachgesellschaft, zu deren Aufgaben die Aus- und Weiterbildung von Ärzten und medizinischem Personal sowie die Erarbeitung und Veröffentlichung von medizinischen Leitlinien zählen. Ihre Mitglieder sind Wissenschaftler und Ärzte, die sich auf die Erforschung, Diagnose und Behandlung von Blutkrankheiten und bösartigen Tumoren spezialisiert haben.
 
Gemeinsam mit anderen medizinischen Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz betreibt die DGHO im Internet das Leitlinienportal »Onkopedia«. Es enthält neben den medizinischen Leitlinien auch wichtige Fachinformationen für Patienten und Pflegende. Das Leitlinienportal wurde 2010 von Andreas Jung und ZOPYX im Auftrag der DGHO entwickelt. Es basiert auf der Produce & Publish Autorenumgebung von ZOPYX sowie dem Open-Source Content Management-System Plone.
 
Das Leitlinienportal revolutionierte die Arbeit der DGHO. Es strukturierte und beschleunigte den redaktionellen Arbeitsablauf und gewährleistete, dass Ärzte und Pflegende jederzeit schnellen und unkomplizierten Zugriff auf die aktuellen Leitlinien und Informationen haben. Mit dem Leitlinienportal intensivierte die DGHO den fachlichen Austausch und stellte der klinischen Praxis ein wichtiges Werkzeug zur Qualitätssicherung zur Verfügung.
 
Die Ärzte und Wissenschaftler, die die medizinischen Leitlinien formulieren, mussten ihren Arbeitsablauf nicht ändern. Sie schrieben die Leitlinien weiterhin mit Hilfe von Microsoft Word. Anschließend wurden die Word-Dokumente von einem DGHO-Mitarbeiter auf technische Eignung hin überprüft und in das CMS eingespeist, wo sie in HTML und – für den Ausdruck – in PDF umgewandelt wurden.

Die Aufgabe

2014 beauftragte die DGHO Andreas Jung und ZOPYX mit einer Erweiterung des Leitlinienportals. Der Publikations-Workflow sollte weitestgehend automatisiert werden, da die große Zahl von Dokumenten nicht mehr von den zur Verfügung stehenden Kräften bewältigt werden konnte. Außerdem sollte ZOPYX die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Inhalte von Onkopedia über standardisierte Schnittstellen direkt in externe Drittsysteme wie zum Beispiel Krankenhausinformationssysteme eingespeist werden können. Über diesen Weg will sich die DGHO zukünftig neue Distributionswege erschließen.

Die Lösung

Um einen semantisch gezielten und fein strukturierten Zugriff auf die Leitlinien über eine API zu gewährleisten, entschied sich ZOPYX dazu, die Daten zukünftig in einem eigens für Onkopedia definierten XML-Format zu speichern und einen durchgehend XML-basierten Publikations-Workflow zu implementieren.
 
XML hat viele Vorteile. Es gilt in der Publishing-Branche seit Jahren als unangefochtener Industriestandard. Außerdem stehen viele leistungsfähige und bewährte Werkzeuge zur Verarbeitung von XML zur Verfügung.
 
Für die Autoren ändert sich im neuen XML-basierten Publikations-Workflow nicht viel. Sie benutzen lediglich ein neues Word-Template zur Erstellung der Inhalte. Das neue Template ermöglicht unter anderem die automatische Validierung der Dokumentenstruktur und die automatische Generierung von Referenzen und Verweisen. Die Konvertierung der DOCX-Dateien nach XML übernimmt der Webservice C-REX.net von Practice Innovation. Das System ist round-tripping-fähig, das heißt Inhalte können beliebig oft von DOCX nach XML und zurück konvertiert werden.
 
Die Autoren können so jederzeit bereits eingestellte Inhalte als Word-Dokument auschecken und überarbeiten. Der C-REX.net Konverter erzeugt schließlich auch das HTML für die Darstellung auf der Website. Die PDF-Daten werden direkt aus den XML-Daten mit der CSS Paged Media Technik sowie der PDF-Engine PDFreactor erzeugt. Der neue PDF-Konverter erfüllt alle Anforderungen, die an ein qualitativ hochwertiges PDF heutzutage gestellt werden: Tabellen, mehrspaltiger Satz, Silbentrennung und komplexe grafische Layouts – alles ist möglich.
 
Die neue Onkopedia kann Informationen in semantisch sauber strukturierter Form ausliefern, sodass alle Inhalte problemlos in externe Systeme eingebettet werden können. Da alle Informationen in einer XML-Datenbank gespeichert werden, können externe Systeme gezielte und hoch spezifizierte Abfragen an das System stellen und die zurückgelieferten, strukturierten Inhalte dann sinnvoll weiterverarbeiten. Dies macht die neue Onkopedia zu einem offenen und flexiblen System.
 
Um für die Benutzer den aktuellen Stand des medizinischen Wissens schnell und effizient zugänglich zu machen, werden die Leitlinien über ein praktisches System von Metadaten mit weiteren Informationen verknüpft. Dies sind neben den Leitlinien zum Beispiel Studienergebnisse, Zertifizierungen, Protokolle und weiterführende Informationen. So werden alle verfügbaren Informationen zu übersichtlichen Themen zusammengefasst.

Architektur & Technik

Plone 5 mit der Erweiterung XML Director ist eine von ZOPYX entwickelte Erweiterung zur Speicherung von XML Inhalten und deren Assets in beliebigen Ablagesystemen wie Dateisystem, Cloud Storages oder auch XML Datenbanken. Inhalte können sowohl through-the-web über den Browser eingegeben als auch über offene Schnittstellen aus DOCX-Dateien importiert werden. XML Director unterstützt externe Editoren wie MS Word und eingebettete Online-Editoren, die im Browser bedient werden. Alle Inhalte können in HTML angezeigt und in den Formaten PDF und EPUB zum Download bereitgestellt werden. XML Director ist ein offenes System. Es besitzt leistungsfähige CMS-Funktionen, wie ein rollenbasiertes Zugriffsmanagement, anpassbare Workflows und eine einfache, intuitive Benutzeroberfläche. Gleichzeitig ist es als XML-basiertes System in alle Richtungen hin offen und kann einerseits mit gängiger Bürosoftware und andererseits über XQuery oder WebDAV mit externen Systemen vernetzt werden. Dadurch wird XML Director zur zentralen Steuerungskomponente in hochgradig automatisierten Publishing-Umgebungen.

Onkopedia Highlights

DOCX-basierter Bearbeitungsworkflow

Onkopedia basiert auf einem DOCX (Word) basierten Redaktionsprozess. DOCX wurde als Standardformat gewählt, weil die Standardapplikation Word allen Leitlinien-Autoren vertraut ist. Der Umgang mit anderen Autorentools wurde geprüft. In der Realität ist es so, dass die Autoren die Leitlinien oft in ihrer Freizeit oder auf Reisen schreiben und überarbeiten. Der gängige Workflow bei der Erstellung gemeinsamer Publikationen bei Medizinern ist und bleibt Word. Daher hätte es keinen Sinn gemacht hier eine andere Lösung (zwangsweise) einzufordern.
 
Onkopedia verwendet intern XML als Datenformat. Der Konvertierungsprozess erlaubt uns verlustfrei DOCX nach XML zu überführen. Außerdem existiert eine verlustfreie Konvertierung von XML nach DOCX, um den Autoren ggf. eine Version des aktuellen Standes der Leitlinie für eine Überarbeitung zur Verfügung stellen zu können. Es existiert genau eine offizielle Version des Dokuments: als XML im Redaktionssystem.

XML-Verarbeitung und medien-neutrale Ablage

Der gesamte Redaktionsworkflow und die anschließende Konvertierung in verschiedene Formate basiert auf dem Industriestandard der Verlagsbranche XML. Durch ein umfangreiches Set an Tools und Konvertern für XML ist Herstellerunabhängigkeit gewährleistet. XML als medienneutrales Format erlaubt alle möglichen Ausgabe-Kanäle mit allen möglichen Formaten zu versorgen.
  • Web/Browser: HTML
  • Print: PDF
  • Apps für Smartphones und Tablets
  • Exporte in Hersteller-spezifische Formate (z.B. bei Drittverwertung von Inhalten)

Selbstständiges Publizieren und Autonomie über die Inhalte

Das Onkopedia-Redaktionssystem wurde als Self-Publishing-Portal konzipiert, das den Kunden in die Lage versetzt, neue Inhalte in eigener Verantwortung zu erstellen und zu publizieren – ohne Involvierung eines Dienstleisters. Durch diese Autonomie behält der Kunden DGHO die Hoheit über die eigenen Daten und Inhalte. Zu keinen Zeitpunkt verlassen die eigenen Inhalte das eigene Publishing Portal. Die Integrität der Daten und Inhalte wird gewahrt und die Unabhängigkeit der DGHO ist gewährleistet.

Umfangreiches, individuelles Stammdatenmanagement

Alle Dokumente in Onkopedia verfügen über ein umfangreiches Set an Stammdaten. Die Stammdaten sind einerseits spezifisch für die Anwendungsfälle, andererseits verwendet Onkopedia offizielle Kodifizierungen:
  • Dokumenttyp (u.a. Leitlinie, Protokoll, Arzneimittelbewertung, Arzneimittelwechselwirkungen)
  • Ablagebereich (Leitlinien, Arzneimittel, Wissensdatenbank, AYApedia, Pflege)
  • ICD10 (ICD11 in Planung)
  • ATC Codes (bei Dokumenten mit Arzneimittelbezug)
  • beteiligte Fachgesellschaften
  • Datum und Stand
  • Autoren
  • Sprache
Durch das umfangreiche Set an Metadaten können wir in Onkopedia Querbeziehung zu verwandten Dokumenten automatisch erschließen (z.B. alle Dokumente zum Themengebiet „Mammakarzinom der Frau“ oder die automatische Verlinkung von Arzneimittel Dokumenten mit den entsprechenden Leitlinien).

Behandlungspfade

Im Laufe der Zeit haben sich  Behandlungspfade als wichtige und zentrale Informationsquelle für Mediziner herauskristallisiert. Behandlungspfade bieten einen Überblick über Therapieoptionen unter Berücksichtigung der entsprechenden Patientendaten. Zur Erfassung und Pflege der Behandlungspfade bedient sich Onkopedia des web-basierten 360° Patient Pathways Editors von 360° Medical. Die Patientenpfade werden dabei von den Autoren parallel zum normalen DOCX-Workflow erfasst und halbautomatisch bei der Konvertierung von DOCX nach XML in das Onkopedia Redaktionssystem übernommen. Die Patientenpfade stehen intern ebenfalls als XML oder JSON im standardisierten Format BPMN zur Verfügung.

Eigene Onkopedia-Apps

Alle Onkopedia-Inhalte stehen den Nutzern von Smartphones oder Tablets auch über die Onkopedia App zur Verfügung (Plattformen: iOS und Android). Dabei wurde Wert auf die Offline-Fähigkeit der Inhalte gelegt. Das ist wichtig in Umgebungen, in denen den behandelnden Medizinern keine Funkverbindung und kein WLAN zur Verfügung stehen. Der Mediziner kann relevante Inhalte herunterladen und offline lesen. Änderungen an Inhalten und Aktualisierungen werden automatisch signalisiert.

Vier-Schritt Publizierungsworkflow

Die Redaktionsumgebung für die interne Redaktion wurde so konzipiert, dass sie besonders einfach zu bedienen ist. Ein Self-Service Publishing-Portal muss es dem Anwender ermöglichen, unverzüglich und selbstständig auf geänderte Bedingungen zu reagieren. Dieser Ansatz wurde im Wesentlichen über eine Vier-Schritt-Bedienung realisiert:
  • Upload der Quelldaten (DOCX-Dokumente und Behandlungspfade)
  • Konvertierung von DOCX nach XML
  • Konvertierung nach PDF
  • Freigabe und Veröffentlichung

„Conflict of Interest“ Management

Das Onkopedia-Portal besitzt ein eigenes Tool zur Verwaltung der „Conflict of Interest“ Erklärung von Leitlinien-Autoren. Es fordert von den Autoren für jede Leitlinie bei der Veröffentlichung oder Überarbeitung entsprechende Erklärungen ein. Das Onkopedia-eigene „Conflict of Interest“ Tool stellt den Autoren ein web-basiertes Tool mit Formularen zur Verfügung, über das sie die entsprechenden Erklärungen erfassen und zur Freigabe einreichen können. In einem Freigabe-Workflow werden die Erklärungen übernommen oder zur Überarbeitung zurück an die Autoren geschickt. Die Übernahme der Erklärung in die Leitlinien-Dokumente erfolgt automatisch per Knopfdruck seitens der Redaktion. Die zentrale „Conflict of Interest“ Verwaltung löst einen unübersichtlichen Workflow aus E-Mails, Telefon und Fax ab.

Ein ganzheitlicher Ansatz für unterschiedliche Dokumenttypen und unterschiedliche Ablagebereich

Einheitlichkeit und einfache Bedienung sind der Schlüssel für den Erfolg von Onkopedia. Dank des ganzheitlichen und standardisierten Ansatzes für Dokumentstrukturen und Stammdaten kann der Kunde einfach auf neue Situationen reagieren. Neue Anforderungen oder Änderungswünsche sind auch für den Dienstleister schnell umsetzbar. So konnten zum Beispiel die durch die COVID-19 Pandemie notwendigen Erweiterungen schnell realisiert werden. Es gelang, dem Fachpublikum für bestimmte Erkrankungen die jeweils COVID-19 relevanten Informationen sehr zeitnah zur Verfügung zu stellen.

Drittverwertung von Inhalten außerhalb Onkopedia

Durch die medienneutrale Speicherung der Inhalte als XML können theoretisch beliebige Ausgabeformate oder herstellerspezifische Formate erzeugt werden. Damit sind Inhalte aus Onkopedia auch in andere Systeme als maßgebliche Informationsquelle integrierbar. Hierzu zählen Klink- und Arztsysteme sowie Patienteninformationssysteme.

Automatismen, die den Redaktionsprozess erleichtern

Der Redaktionsworkflow von Onkopedia unterstützt den Autor und die interne Redaktion in mehrfacher Weise. Umfangreiche Automatismen kümmern sich um Routinevorgänge wie die automatische Verlinkung von internen Referenzen oder von Digital Object Identifiern (DOI). Der internen Redaktion stehen Tools zur Verfügung, mit denen automatisch die Konsistenz von Dokumenten oder die Funktion von Hyperlinks überprüft werden. Die Integration von Links zu verwandten Themen oder Dokumenten wird automatisiert über Metadaten erschlossen.

Historie und Fakten

  • Online seit 2010
  • Umstellung auf XML in 2014
  • Veröffentlichte Dokumente gesamt: 553
    • Leitlinien, Protokolle und Studienergebnisse:  325
    • Arzneimittel (Bewertungen, Factsheets, Wechselwirkungen): 227
  • Dokumente gesamt (inkl. Archiv): ~1800
  • ständige Weiterentwicklung und Anpassung an fachliche Notwendigkeiten
  • hohe Reputation in deutschsprachigen Fachkreisen

Die Vorteile im Überblick

Weniger Aufwand

Der vereinfachte Publikations-Workflow mit seiner automatisierten Qualitätskontrolle reduziert den Arbeitsaufwand für Autoren und Redakteure erheblich. Nur durch die vereinfachte Bedienung und einen hohen Automatisierungsgrad ist es gelungen, die Vielzahl der  Veröffentlichungen mit überschaubarem Personeneinsatz  zu erledigen.

Zeitnahe Veröffentlichung von Änderungen

Die Autoren und die interne Redaktion kann Änderungen an Dokumenten sehr schnell und in Eigenregie veröffentlichen. Dies hat sich zu Beginn der COVID-19 Pandemie als großer Vorteil erwiesen, weil viele Fachinformationen mit einem Bezug zu COVID-19 schnell veröffentlicht werden mussten und häufig aktualisiert wurden. Innerhalb kürzester Zeit konnten die Informationen zielgerichtet in einer eigenen COVID-19 Sektion bereitgestellt werden.

Neue Distributionsmöglichkeiten

Drittsysteme wie KIS oder medizinische Anwendungen können über offene, standardisierte Schnittstellen direkt auf die Informationen zugreifen.

Stärkere Imagewirkung

Die DHGO positioniert sich mit Onkopedia und seinem effizienten Multi-Channel-Informationsangebot als moderne, kompetente und besonders leistungsfähige medizinische Fachgesellschaft.

Höhere Kosteneffizienz

Mit der neuen Onkopedia erreicht die DGHO ihre Ziele, verbindliche Leitlinien zu erstellen und in der klinischen Praxis durchzusetzen, auf sehr effiziente Weise. Das System ist dank seiner Offenheit auf zukünftige Anforderungen bestens vorbereitet, sodass Erweiterungen des Leistungsspektrums ohne großen Aufwand durchgeführt werden können.

Individuelle Lösungen sind kostengünstiger als Lösungen von der Stange

Alle Fachgesellschaften haben unterschiedliche Vorstellungen und Anforderungen bei der Publikation ihrer Leitlinien. Eine Standardlösung oder Software „von der Stange“ erfüllt in den wenigsten Fällen die Anforderungen und muss häufig kostenintensiv angepasst werden. Damit einher geht oft der Kontrollverlust über die eigenen Inhalte und die Unabhängigkeit der Organisation (der sogenannte „Vendor-Lock-in“).

Die Onkopedia Fallstudie (alt, aus 2014) zum Download: